Andrea Tholl

Journalistin

° Gespräch über Comedian Mario Barth: „Live ist Barth kaum zu toppen“

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Foto © Andrea Tholl

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Die Feuilletonisten werfen ihm gern pubertären Humor vor. Also fragte SPIEGEL ONLINE drei Pubertierende, ob sie über Mario Barth lachen können. Und erfuhr, warum sie den Comedian für einen Primitivling halten – aber trotzdem für einen Realisten.

SPIEGEL ONLINE: Verteilt mal Schulnoten: Wie lustig ist Mario Barth?

Tom: Ich würde ihm eine 2+ geben.

Fabienne: Ich auch.

Maurice: Schließe mich an.

SPIEGEL ONLINE: Welcher Komiker ist besser?

Tom: Schwierig. Live ist Barth kaum zu toppen. Da kommt ihm nur Kurt Krömer nah.

Maurice: Michael Mittermeier vielleicht?

Fabienne: Und Bully und Hape Kerkeling.

SPIEGEL ONLINE: Harald Schmidt?

Tom: Ist ja eher was für Ältere. Mit Pocher aber eine gelungene Mischung.

SPIEGEL ONLINE: Und welche Comedians mögt ihr nicht?

Maurice: Diese Dicke, ganz in Rosa…

Alle drei: Cindy aus Marzahn!

Maurice: Wenn ich die sehe, wird mir übel. Gut finde ich noch Atze Schröder.

SPIEGEL ONLINE: Der ist noch prolliger als Barth.

Maurice: Ja, definitiv. Schon allein diese total übertriebenen Locken. Und dann tut er immer so, als sei er Mister Alleskönner.

SPIEGEL ONLINE: Erzählt doch mal euren Lieblingswitz von Barth.

Fabienne: Geht nicht richtig, weil seine Witze ja immer in einem Zusammenhang stehen. Aber ich mag besonders, wenn er sich darüber aufregt, dass Mädchen immer zu zweit aufs Klo gehen. Das ist ziemlich lustig – und realistisch.

SPIEGEL ONLINE: Also gehst du immer mit einer Freundin auf die Toilette?

Fabienne: Ja, klar. Und alle fragen uns ständig, warum wir das machen. Das ist dann dort nicht so langweilig.

Tom: Also, ich habe dich noch nie gefragt.

Fabienne: Doch.

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Foto Jugendliche: © Andrea Tholl Foto Mario Barth: © www.spiegel.de

SPIEGEL ONLINE: Und ihr Jungs, welche Barth-Gags mögt ihr?

Maurice: In einer Szene regt sich Barth darüber auf, dass Frauen im Kino immer alles unrealistisch finden. Zum Beispiel, dass bei „Star Wars“ das Laserschwert 600 Meter lang sein müsste. Aber das sähe total dämlich aus.

Tom: Das finde ich auch lustig!

SPIEGEL ONLINE: Warum müsste das Laserschwert denn 600 Meter lang sein?

Maurice: Na ja, weil das Licht unendlich ist.

Fabienne: Mir fällt auch eine gute Szene ein. Barth sagt, dass sich Mädchen ständig Gedanken über das Leben machen und immer die neuesten Neuigkeiten wissen wollen: Diese Wer-was-mit-wem-Fragen.

SPIEGEL ONLINE: Und Jungs stellen solche Fragen nicht?

Fabienne: Hm, Mario Barth meint jedenfalls, nein. Aber ich weiß nicht, ob ich ihm das glauben soll. Der spielt ja eher so einen Proll. So einen Primitivling eben.

SPIEGEL ONLINE: Spielt er die Rolle nur oder ist er ein echter Proll?

Fabienne: Ich glaube, der spielt nur.

Tom: Und ich glaube, der ist auch privat so.

Maurice: Glaube ich auch. Fast genauso wie auf der Bühne. Das kann man doch gar nicht so überzeugend spielen.

SPIEGEL ONLINE: Wenn er wirklich so ist, wäre dieser Privatproll euch sympathisch?

Maurice: Total sympathisch.

Tom: Mir auch.

Fabienne: Mir wäre der viel zu hektisch. Der tigert immer nur rum und redet so schnell. Das ist anstrengend.

Tom: Anstrengend ist, dass er selbst immer neue Witze über Frauen erfinden muss.

SPIEGEL ONLINE: Ist es so, dass er nur Witze über Frauen macht?

Alle drei: Ja!

SPIEGEL ONLINE: Aber die Männer kommen auch nicht besonders gut weg. Er wirkt ja selbst auch eher dumpf.

Maurice: Stimmt schon, manchmal reißt er Männerwitze. Aber so richtig nur ganz, ganz selten.

SPIEGEL ONLINE: Fabienne, nerven dich die ständigen Frauenwitze nicht?

Fabienne: Man muss schon über sich selbst lachen können. Ich kann das, andere sehen das vielleicht ernster. Aber es ist ja wahr, was er sagt. Und es ist nichts Beleidigendes daran, wenn Mädchen zu zweit auf Klo gehen.

SPIEGEL ONLINE: Verletzt dich das nicht als Frau, wenn er seine Freundin als ständig als „Frollein“ oder „die“ betitelt?

Fabienne: Ach nee, das ist halt sein Humor. Ist doch witzig!

SPIEGEL ONLINE: Wie seht ihr Jungs das?

Tom: Na ja, Frauen müssen wirklich bei Autobahnfahrten immer sofort auf die nächste Toilette. Da hat er völlig recht.

Fabienne: Hm, stimmt.

Tom: Und außerdem fahren sie nicht schneller als 120 Kilometer pro Stunde, das kenne ich von meiner Mutter.

Maurice: Frauen bekommen halt Panik, wenn sie schnell fahren.

SPIEGEL ONLINE: Barth witzelt ja sehr gern über seine Mutter – und zwar als erwachsener Mann. Ist er ein Muttersöhnchen?

Tom: Könnte schon sein.

SPIEGEL ONLINE: Und sind Männer und Frauen wirklich so verschieden, wie Barth sagt?

Tom: Nein. Jeder ist doch individuell.

Fabienne: Und es gibt ja auch Jungs, die gern shoppen.

Maurice: Nein, ich nicht. Auf gar keinen Fall!

SPIEGEL ONLINE: Dass Barth seine namenlose Freundin beleidigt, ist sein Running Gag. Wie stellt ihr euch die Frau vor?

Tom: Die existiert doch gar nicht.

Maurice: Und wenn, hat sie ihn bereits vor seinem ersten Programm verlassen. Kann ich gut verstehen, ich hätte mir das auch nicht angetan, zweieinhalb Stunden Witze über mich anzuhören.

SPIEGEL ONLINE: Also sind seine Gags doch nicht okay.

Maurice: Es geht ja wirklich niemanden etwas an, was zwischen einem Paar passiert.

Fabienne: Eindeutig. Ich würde ihn an ihrer Stelle auch verlassen. Das wäre mir zu heftig. Ich hätte keine Lust darauf, dass er sich über mich lustig macht. Das ist zu persönlich.

SPIEGEL ONLINE: Barth behauptet immer, er sei seit neun Jahren mit seiner Freundin zusammen und sie fände es in Ordnung, wenn er Witze über sie macht.

Tom: Die Betonung liegt auf „behauptet“.

SPIEGEL ONLINE: Ihr glaubt ihm also nicht.

Maurice: Sicher nicht. Der kommt ja immer allein, die Freundin hat keiner bisher gesehen.

SPIEGEL ONLINE: Gesetzt den Fall, sie existiert: Was vermutet ihr, würde sie zu ihrer Rolle in Barths Programm sagen?

Fabienne: Ich kann über mich selbst lachen.

SPIEGEL ONLINE: Und wie stellt ihr euch ihr Aussehen vor?

Maurice: Keine Ahnung.

Fabienne: Blond.

SPIEGEL ONLINE: Was macht sie beruflich?

Tom: Zahnarzthelferin würde passen.

SPIEGEL ONLINE: Ihr Vorname?

Fabienne: Marianne.

Maurice: Keine Ahnung. Aber über die er spricht, ist mit Sicherheit seine Ex. Mit Sicherheit!

Tom: Susanne?

SPIEGEL ONLINE: Also eine richtige Prollette. Welchen Beruf könnt ihr euch für Barth vorstellen, wenn er kein Komiker wäre?

Tom: Heizungsinstallateur.

Maurice: Motorradmechaniker.

Fabienne: KFZ-Mechaniker.

SPIEGEL ONLINE: Welche Automarke fährt er?

Fabienne: Einen VW-Golf.

Tom: Als Komiker wahrscheinlich einen Lamborghini. Sonst Ford Fiesta.

SPIEGEL ONLINE: Fabienne, wäre Mario Barth eigentlich einer, in den du dich verlieben könntest, wenn er ein wenig jünger wäre – oder du ein wenig älter?

Fabienne: Nee, eher nicht. Den kenne ich ja zu wenig. Außerdem ist der nicht mein Typ.

Tom: Aber er ließe dich in Ruhe, weil er immer auf Tour ist!

SPIEGEL ONLINE: Und hättet ihr Jungs ihn gern als Kumpel?

Tom: Ja. Aber nur, wenn er ein bisschen mehr Haare hätte!

SPIEGEL ONLINE: Und was würdet ihr mit eurem Kumpel Barth machen?

Maurice: Zum Fußball gehen!

Tom: Oder ins Kino.

SPIEGEL ONLINE: Ist Barth ein Fußballproll?

Maurice: Ja, voll.

SPIEGEL ONLINE: Ihr seid Hamburger: Würde Barth eher zum FC St. Pauli oder zum Hamburger SV gehen?

Tom: HSV, ganz klar.

Maurice: Ja, eindeutig.

SPIEGEL ONLINE: Und warum? Weil HSV-Fans prolliger sind?

Tom: Nee. Aber in seinem Alter …

SPIEGEL ONLINE: … Barth ist erst 35.

Tom: Reicht ja! Da muss er in ein Stadion, in dem man sitzen kann. Und das Millerntor mit seinen vielen Stehplätzen käme nicht in Frage.

SPIEGEL ONLINE: Wäre er einer, der besoffen rumpöbelt?

Tom: Nö, vielleicht trinkt er ein, zwei Bier. Der ist einfach ein ganz netter Kerl. Und er trifft mit seinen Gags immer die Wahrheit. Aber Maurice könnte das sicherlich auch. Jeder könnte eigentlich Mario Barth sein.

Maurice: Aber sein Berliner Dialekt macht ihn zu etwas Besonderem.

Tom: Finde ich auch.

SPIEGEL ONLINE: Welche Partei wählt Mario Barth?

Maurice: Spontan würde ich auf die Grauen Panther tippen. Oder die CDU.

Tom: Ich tippe auf die SPD.

Fabienne: Ich auch. Da passt er rein.

SPIEGEL ONLINE: Findet ihr eigentlich etwas an ihm blöd?

Tom: Na ja, seine Witze wiederholen sich schon. Trotzdem sind sie nicht langweilig.

Maurice: Weil er sie immer anders formuliert.

SPIEGEL ONLINE: Wie viel von eurem Taschengeld würdet ihr opfern, um eine Mario-Barth-Show zu sehen?

Tom: 20 Euro.

Maurice und Fabienne: Ja, so ungefähr.

SPIEGEL ONLINE: Ist das für euch viel?

Fabienne: Geht so. Ich bekomme 30 Euro im Monat.

SPIEGEL ONLINE: Beschreibt zum Schluss Mario Barth doch mal in einem Satz.

Tom: Er ist primitiv.

Maurice: Er ist primitiv, aber lustig.

Fabienne: Frauenfeindlich, aber gut.

 

Interview: Thorsten Dörting und Andrea Tholl

 

Veröffentlicht bei SPIEGEL ONLINE

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