Andrea Tholl

Journalistin

° David Poe: New York zum Hören

8. Oktober 2015 von Andrea Tholl | Keine Kommentare

Vom Rolling Stone wurde David Poe gelobt als einer, „der die Kluft schließt zwischen Elvis Costello und Jeff Buckley“. Und das tut er auf seiner neuen Platte „The Late Album“ (Edel Contraire) mit poppigem Rock, folkigem Jazz und 60er-Jahre Britpop im besten Beatles-Stil. Und das in Perfektion – Poe ist ein Songwriter, der sein Handwerk von der Pike auf gelernt hat. Angefangen hat alles in Dayton, Ohio, wo er sich schon zu Highschoolzeiten mit verschiedenen Garagenbands ausprobiert hat. Er reiste im Vorprogramm von Tori Amos oder Bob Dylan durch die ganze Welt. Jetzt lebt der smarte Blonde in New York, und seine Songs sind so abwechslungsreich wie seine Stadt. Ein gelungener Stilmix.

Veröffentlicht in: BRIGITTE

° Das Literarische Quartett: „Am perfektesten formuliert“

8. Oktober 2015 von Andrea Tholl | Keine Kommentare

Nach der Auferstehung des Literarischen Quartetts zu Schillers 200. Todestag im April hat sich die Runde um Literaturpapst Marcel-Reich-Ranicki erneut getroffen. Dieses Mal huldigten sie dem Literaturnobelpreisträger Thomas Mann – mal unfreiwillig komisch, mal amüsant und am Ende etwas langatmig.

Veröffentlicht auf: SPIEGEL ONLINE

° Sara Paretsky: Black List

4. Oktober 2015 von Andrea Tholl | Keine Kommentare

blacklistChicago, kurz nach den Anschlägen des 11. September. Die Privatdetektivin Victoria Iphigenia Warshawski erhält den Auftrag, ein altes, leer stehendes Herrenhaus zu beobachten. Angeblich würden sich dort nachts ungebetene Gäste herumtreiben. Terroristen? V.I., wie sie auch genannt wird, beginnt mit den Ermittlungen. Weiterlesen →

° Stella Blómkvist: Die Bronzestatue

4. Oktober 2015 von Andrea Tholl | Keine Kommentare

bronzestatueIm wahren Leben, so munkelt man in Island, ist Stella Blómkvist eine bekannte Persönlichkeit. Bloß welche – dass weiß keiner so genau, weil es sich beim Namen der Erfolgsautorin um ein Pseudonym handelt. In ihrem neuen Krimi „Die Bronzestatue“ ist Stella Blómkvist nicht nur die Verfasserin, sondern auch die Hauptakteurin – und die lebt ihre Schwäche für gut gebaute Kerle ungehemmt aus, lässt sich nichts gefallen und gibt den Lesern reichlich Lebensweisheiten ihrer Mutter mit auf den Weg.

Abgesehen davon ist sie Rechtsanwältin und mit allen Wassern gewaschen. Ihr wird der Fall eines stadtbekannten Weiberhelden übertragen, der seine Freundin erschlagen haben soll – mitten in der isländischen Staatskanzlei. Trotz aller Indizien glaubt Stella fest an seine Unschuld und gerät bei ihren eigenen Ermittlungen an Informationen, die Politikerköpfe rollen lassen könnten. Das ist spannend – und zugleich witzig und frivol geschrieben.

Veröffentlicht in: BRIGITTE

° Friedrich Ani: Gottes Tochter

4. Oktober 2015 von Andrea Tholl | Keine Kommentare

gottes_tochterDeutscher Krimipreis 2002. Der für 2003 gleich hinterher. Dazu haufenweise Stipendien und Auszeichnungen – Friedrich Ani könnte in aller Ruhe seinen Erfolg genießen. Tut er aber nicht. Stattdessen schreibt der 44-Jährige jeden Tag bis zur Erschöpfung. Die letzten vier Romane aus der Reihe um Hauptkommissar Tabor Süden hat er innerhalb eines Jahres verfasst. Arbeit, die sich auszahlt: Für den diesjährigen Krimi-Preis ist Ani gleich für drei Romane mit dem ersten Platz ausgezeichnet worden. Was der Münchner durchaus zu schätzen weiß: „Das erinnert ein wenig an die Zeiten der Beatles, als diese drei Titel hintereinander an der Spitze der Charts hatten.“

Gottes Tochter“ heißt nun sein neuestes Buch. Ein Krimi, dessen Geschichte auf den ersten Blick gar nicht so ungewöhnlich scheint. Julika de Vries, gerade 18 geworden, haut von zu Hause ab, um mit ihrer frischen Liebe Rico ein neues Leben anzufangen. Tabor Süden, Hauptkommissar der Vermisstenstelle in München, soll das Mädchen finden. Seine Spur führt ihn nach Rostock, in Ricos Heimatstadt. Da ist Julika untergetaucht. Was als zarte Liebesgeschichte beginnt, nimmt eine dramatische Wendung: Es stellt sich heraus, dass Rico und seine Freunde an den Ausschreitungen um das Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen beteiligt waren, bei denen (jedenfalls im Buch) ein Vietnamese ums Leben kam. In diesem Umfeld sucht Süden nach Julika.

Seine Ermittlungsmethoden sind bemerkenswert: Er schweigt und bleibt und bringt damit nahezu jeden zum Reden. Süden ist überhaupt eine eigenwillige Persönlichkeit – innerlich selbst zerrissen, mit einem unerschöpflichen Verständnis für die Schicksale anderer. Sein Erfinder Ani hat einen Ermittler geschaffen, der so ungewöhnlich ist wie die Sprache, in der er seine Welt beschreibt: nüchtern, poetisch, präzise, wach, bewegend. Einfach grandios!

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° Friedrich Ani: Sag’ beim Abschied leise… gar nichts

4. Oktober 2015 von Andrea Tholl | Keine Kommentare

Er ist schon ein seltsamer Kauz, dieser Tabor Süden, Hauptkommissar der Vermisstenstelle in München. Sieht aus wie eine Mischung aus Karl Lagerfeld und Althippie. Löst seine Fälle durch Intuition und Schweigsamkeit. Damit brachte er seinem Erfinder Friedrich Ani nicht nur zweimal den deutschen Krimipreis ein, sondern ermittelte sich auch eine ansehnliche Fangemeinde. Die geht jetzt harten Zeiten entgegen. Denn am Ende von „Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel“ wird Süden selbst verschwunden sein. „Und es bräuchte schon einen sehr gerissenen Detektiv, um ihn wiederzufinden“, sagt Friedrich Ani.

In seinem zwölften und letzten Fall will Tabor Süden in seinem Heimatdorf eigentlich nur das Grab seiner Mutter besuchen. Doch dann bittet ihn der Dorflehrer verzweifelt um Hilfe. Seit einem Jahr ist seine 10-jährige Tochter Anna verschwunden, die eingesetzte Sonderkommission hat keinerlei Hinweise, was passiert sein könnte. Annas Vater glaubt fest daran, dass jemand aus dem Ort mit ihrem Verschwinden zu tun hat. Süden beginnt auf eigene Faust nachzuforschen. Und muss es mit einer Dorfgesellschaft aufnehmen, hinter deren katholischer Fassade sich tiefe Abgründe auftun. Er wird das Rätsel lösen, ein letztes Mal. Und danach seinen Job an den Nagel hängen. „Ich habe das bezahlte Scheitern so satt“, sagt Tabor Süden. Er wird mir fehlen.

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° Der doppelte Nesser

4. Oktober 2015 von Andrea Tholl | Keine Kommentare

Håkan Nesser kann sich selbst nicht genau erklären, woher er all seine Ideen hat. „Wie die in meinen Kopf kommen, ist mir ein echtes Rätsel“,sagt der 56-jährige Schwede. Mit seinem Kommissar Van Veeteren hat er sich einen festen Platz unter den besten Krimi-Autoren Europas erschrieben. Doch Nesser kann auch ohne Van Veeteren, das zeigen gleich zwei neue Bücher: In „Die Fliege und die Ewigkeit“  entdeckt der Ex-Häftling Maertens nach dem Tod seines besten Freundes, dass er auf perfide Art betrogen wurde. Das Geheimnis steckt in einem Umschlag, der Maertens auf der  Beerdigung überreicht wird. Ein Roman, für den man sich Zeit nehmen sollte. Das findet auch der Autor: „Warum kann der Leser nicht ein paar Wochen in einen Krimi investieren, an dem ich mehrere Jahre geschrieben habe?“

Im Gegensatz dazu ist „In Liebe, Agnes“  ein leichter Lese-Snack, garniert mit einem raffinierten Ende. Wie zwei Freundinnen in diesem kleinen Briefroman einen Mord austüfteln, das lässt sich herrlich an einem Nachmittag weglesen.

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