Deutscher Krimipreis 2002. Der für 2003 gleich hinterher. Dazu haufenweise Stipendien und Auszeichnungen – Friedrich Ani könnte in aller Ruhe seinen Erfolg genießen. Tut er aber nicht. Stattdessen schreibt der 44-Jährige jeden Tag bis zur Erschöpfung. Die letzten vier Romane aus der Reihe um Hauptkommissar Tabor Süden hat er innerhalb eines Jahres verfasst. Arbeit, die sich auszahlt: Für den diesjährigen Krimi-Preis ist Ani gleich für drei Romane mit dem ersten Platz ausgezeichnet worden. Was der Münchner durchaus zu schätzen weiß: „Das erinnert ein wenig an die Zeiten der Beatles, als diese drei Titel hintereinander an der Spitze der Charts hatten.“
„Gottes Tochter“ heißt nun sein neuestes Buch. Ein Krimi, dessen Geschichte auf den ersten Blick gar nicht so ungewöhnlich scheint. Julika de Vries, gerade 18 geworden, haut von zu Hause ab, um mit ihrer frischen Liebe Rico ein neues Leben anzufangen. Tabor Süden, Hauptkommissar der Vermisstenstelle in München, soll das Mädchen finden. Seine Spur führt ihn nach Rostock, in Ricos Heimatstadt. Da ist Julika untergetaucht. Was als zarte Liebesgeschichte beginnt, nimmt eine dramatische Wendung: Es stellt sich heraus, dass Rico und seine Freunde an den Ausschreitungen um das Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen beteiligt waren, bei denen (jedenfalls im Buch) ein Vietnamese ums Leben kam. In diesem Umfeld sucht Süden nach Julika.
Seine Ermittlungsmethoden sind bemerkenswert: Er schweigt und bleibt und bringt damit nahezu jeden zum Reden. Süden ist überhaupt eine eigenwillige Persönlichkeit – innerlich selbst zerrissen, mit einem unerschöpflichen Verständnis für die Schicksale anderer. Sein Erfinder Ani hat einen Ermittler geschaffen, der so ungewöhnlich ist wie die Sprache, in der er seine Welt beschreibt: nüchtern, poetisch, präzise, wach, bewegend. Einfach grandios!
Veröffentlicht in: BRIGITTE