Andrea Tholl

Journalistin

° Die schnelle Nummer bei Liebeskummer

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Einerlei, um welche Symptome oder Gründe es beim Liebeskummer geht. In Hamburg gibt es nun Hilfe. Die psychologische Beraterin Silvia Fauck hat in Hamburg-Eppendorf die erste Liebeskummer-Praxis eröffnet. 

„Nochmal dasselbe, Meistär!“. Seit drei Stunden sitzt Tony Marquard schon in seiner Eckkneipe und kippt ein kleines Gedeck nach dem anderen: Bier und Schnaps, Schnaps und Bier – die Reihenfolge ist mittlerweile egal. „Geht klar, aber dann ist hier für dich heute Feierabend“, ist die Antwort von Theker Rudi. Schließlich hat er auch eine soziale Verantwortung. In den letzten drei Wochen ist der 37-jährige Tony sein Stammgast geworden. Täglich gegen 18 Uhr setzt er sich an den Tresen und hört erst auf zu betrinken, wenn Rudi Veto einlegt.

Bis vor Kurzem machte sich Tony Marquard gar nicht viel aus Alkohol. Mal ein Gläschen Merlot am Abend zu einem guten Essen oder ein Bier zum Sportstudio, mehr musste nicht sein. Dann aber brach für ihn eine Welt zusammen. Susanne, seine Freundin seit 8 Jahren, trennte sich von ihm. „Ich war total vor den Kopf geschlagen, damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Es lief doch alles gut“, sagt er. Und: „Ich habe gebettelt und gefleht, habe Teller geschmissen und geheult wie seit Jahren nicht mehr.“ Seiner Freundin aber war das egal und zog aus der gemeinsamen Hamburger Altbauwohnung erst mal zu einer Freundin nach Oststeinbek. Was ihm blieb, waren ihre Möbel – und der Alkohol.

Tony Marquard ist kein Einzelfall, im Gegenteil. Überall auf der Welt gibt es Leidensgenossen. Der Alkohol dient ihnen als Trostspender nach einer gescheiterten Beziehung. Er soll den Kummer herunterspülen und den Herzschmerz erträglich machen. Besonders Männer greifen nach einer Trennung gern mal zu Jim Beam, Pernod oder Underberg. Sie können nicht mehr schlafen und vernachlässigen ihren Job. Die italienische Psychologie-Zeitschrift „Riza Psicosomatica“ fand jüngst heraus, dass Männer der mittleren Altersstufe von 36 bis 55 Jahre viel stärker unter Liebeskummer leiden als Frauen. Eine repräsentative Umfrage belegt, dass Frauen mit dem Ende einer Liebesbeziehung wesentlich besser zurecht kommen als ihre Partner. Jede Fünfte bejahte, in ihrem Leben schon einmal aus Liebe gelitten zu haben. Bei den Männern waren mehr als ein Drittel bereits liebeskrank. Männer leiden aber nicht, weil sie empfindsamer sind als Frauen, weiß die italienische Psychologin Angela Mocciola, sondern weil sie vom Ende der Beziehung überrascht werden. Dabei wächst der Beziehungsfrust bei den Frauen oft über Jahre, nur die Männer merken nichts. Außerdem fühlen sich verlassene Männer häufig von ihren Partnerinnen gelinkt und leiden aus gekränktem Stolz.

Aber einerlei, um welche Symptome oder Gründe es beim Liebeskummer geht. In Hamburg gibt es nun Hilfe. Die psychologische Beraterin Silvia Fauck hat in Hamburg-Eppendorf die erste Liebeskummer-Praxis eröffnet (www.liebeskummer-praxis.de). In die helle Praxis mit den bunten Herz-Bildern an den Wänden kommen Klienten von Anfang 20 bis Mitte 60, die meisten sind Männer. Ein Sitzungen dauert 60 Minuten und kostet 80 Euro. Die Liebeskranken reden sich zuerst den Frust von der Seele. Dann werden die Gründe der Trennung genauer untersucht und schließlich das Selbstbewusstsein wieder aufgebaut. Man kann den Liebesschmerz mit dem Schmerz bei einem Trauerfall vergleichen. „Die Verlassenen sind fassungslos und am Boden zerstört“, sagt die Liebes-Psychologin, „in so einer Situation stellt man sein ganzes Leben auf den Kopf.“ Und wenn man keine Zeit hat, persönlich vorbeizuschauen, dann gibt es auch eine telefonische Beratung. Unter der Telefonnummer (0900) 5102374 (1,89 Euro/Minute) bietet Frau Fauck ihre Dienste an. Erreichbar aus jeder Kneipe dieser Republik.

Der Beitrag ist aus dem Jahr 2005. Mittlerweile bietet Silvia Fauck ihre Dienste in Berlin an. In vielen deutschen, österreichischen und schweizerischen Städten gibt es Beratung durch LizenzpartnerInnen. Bald auch in Neuseeland.

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